Red Hand Day: Welttag gegen den Einsatz von Kindersoldaten am 12. Februar

Deutschland missachtet UN-Empfehlungen – Deutsches Bündnis Kindersoldaten stellt Schattenbericht 2013 vor

(Berlin, 31. Januar 2013) In einer gemeinsam Pressekonferenz mit der Kinderkommission im Bundestag haben Kindernothilfe, terre des hommes, Plan, UNICEF Deutschland und World Vision als Mitglieder des Deutschen Bündnis Kindersoldaten den Schattenbericht Kindersoldaten 2013 vorgestellt. Darin wird ausführlich dargestellt, welche Defizite es bei der deutschen Umsetzung menschenrechtlicher Verpflichtungen gegenüber Kindern gibt. So rekrutiert die Bundeswehr entgegen der Aufforderung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes beispielsweise noch immer minderjährige Freiwillige. Ehemalige Kindersoldaten, die nach Deutschland geflohen sind, erhalten vielfach keinen sicheren Aufenthaltsstatus und keine ausreichende Unterstützung und auch bei der Kontrolle und Einschränkung von Waffenexporten besteht dringender Handlungsbedarf. Im Januar 2014 findet die Anhörung Deutschlands vor dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes in Genf zur derzeitigen Umsetzung statt. Für diesen Zweck hat das Bündnis Kindersoldaten den Schattenbericht erstellt.

Antje Weber/Kindernothilfe, Ralf Willinger /terre des hommes Foto: Deutsches Bündnis Kindersoldaten

Weltweit werden über 250.000 Mädchen und Jungen in bewaffneten Konflikten als Kindersoldaten eingesetzt. Sie fungieren als Bote, Spione oder Träger und kämpfen vielfach auch selbst an der Waffe. Jedes Jahr machen am 12. Februar, dem Welttag gegen den Einsatz von Kindersoldaten, viele Menschen in Deutschland und weltweit mit dem Symbol der roten Hand auf dieses Problem aufmerksam. Im nun veröffentlichten Schattenbericht deckt das Deutsche Bündnis Kindersoldaten Defizite bei der Erfüllung deutscher internationaler Verpflichtungen auf.

Keine Rekrutierung minderjähriger Freiwilliger durch die Bundeswehr!

Die deutsche Bundeswehr rekrutiert rund 1.000 minderjährige Freiwillige pro Jahr und schöpft damit eine Schutzlücke im internationalen Menschenrechtssystem aus, die staatlichen Armeen diese Praxis ermöglicht. Die große Mehrheit der 193 Vertragsstaaten der UN-Kinderrechtskonvention hat sich freiwillig gegen die Rekrutierung Minderjähriger entschieden.

„Der Schattenbericht unterstreicht unsere Forderung: Deutschland muss endlich die 18-Jahresgrenze bei der Rekrutierung von Bundeswehrsoldaten anerkennen. Doch obwohl der Aus-schuss für die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen Deutschland seit fünf Jahren auffordert, die Altersgrenze auf 18 Jahre anzuheben, rekrutiert die Bundeswehr jedes Jahr ungefähr 1.000 17-jährige Freiwillige. Unser Appell ist: Die Bundeswehr soll künftig ausschließlich bei Erwachsenen werben und ihre Werbung unter Minderjährigen in Schulen sofort einstellen“, erläutert Ralf Willinger, Kinderrechtsexperte bei terre des hommes, die Position des Deutschen Bündnisses Kindersoldaten.

Mehr Schutz für ehemalige Kindersoldaten in Deutschland!

Nach Schätzungen von Fachkreisen kommen rund 100 bis 200 ehemalige Kindersoldaten pro Jahr als Flüchtlinge schwer traumatisiert nach Deutschland. „Vielfach wird den Kindern nicht geglaubt, dass sie aus Angst vor einer Rekrutierung geflohen sind. Der Missbrauch als Kindersoldat muss als Fluchtgrund anerkannt werden“, erläutert Antje Weber von der Kindernothilfe die Kinderrechtsferne des aktuellen Verfahrens. Der Schattenbericht deckt weitere Missstände auf. So gibt es beispielsweise auch bei der Betreuung und Unterbringung Minderjähriger gravierende Mängel. „Das Asylverfahren muss insgesamt kindgerechter werden“, fordert Antje Weber angesichts dieser Umstände. Dazu gehört u.a., unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe unterzubringen und Kindersoldaten eine angemessene Betreuung zu sichern.

Waffenexporte in Staaten, die Menschenrechte verletzen, verbieten!

Angesichts der Überschwemmung der Welt mit Kleinwaffen fordert das Bündnis Kindersoldaten für Deutschland eine gesetzliche Regelung, die Waffenexporte in Konfliktregionen und an Staaten, die Menschenrechte verletzen und Kindersoldaten rekrutieren, verbietet. Dies hat auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes in seinen Empfehlungen an Deutschland formuliert. „Ein solches Verbot wäre ein wahrhaft wirkungsvoller Schutz von Kindern vor dem Einsatz in bewaffneten Konflikten und damit einer der schlimmsten Formen des Missbrauchs“, erklärt Willinger.

Zum Welttag gegen den Einsatz von Kindersoldaten

Am 12. Februar 2002 trat das Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention zu Kindern in be-waffneten Konflikten in Kraft. Seitdem gilt der 12. Februar als internationaler Tag gegen den Einsatz von Kindern als Soldaten. Anlässlich dieses Red Hand Days rufen das Deutsche Bündnis Kindersoldaten und Menschenrechtsorganisationen weltweit zu Aktionen mit dem Symbol der Roten Hand auf. Bisher haben über 370.000 Menschen weltweit mit ihrem Handabdruck gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten protestiert, darunter mehr als 170.000 Deutsche. Auch dieses Jahr gibt es zahlreiche Rote-Hand-Aktionen, so im Berliner Bundestag, in Bonn, in Neuss, in Celle, bei Osnabrück, in Siegen oder in Polen und Frankreich. Mehr Infos: www.redhandday.org

Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:

Kindernothilfe, Antje Weber, Tel. 0203 7789 180; Mobil: 0176 21 31 94 93; http://www.kindernothilfe.de/
terre des hommes, Ralf Willinger, Tel. 0541 7101 134; http://www.tdh.de/

Der Schattenbericht Kindersoldaten 2013 wurde vom Rechtswissenschaftler Dr. Hendrik Cremer erstellt. Er wird innerhalb des Staatenberichtsverfahrens zur deutschen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle an den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes in Genf übergeben.

Hintergrundinformationen:

Forderungen des Deutschen Bündnisses Kindersoldaten

  • Straight 18: Kein Kind unter 18 Jahren darf in Armeen, bewaffneten Gruppen oder anderen militärischen Verbänden eingesetzt oder geschult werden – egal in welcher Funktion und ob unfreiwillig oder „freiwillig“. Auch dürfen Unter-18-Jährige prinzipiell nicht für Armeen oder bewaffnete Gruppen geworben werden. Alle Kinder unter 18 Jahren müssen aus Armeen und bewaffneten Gruppen entlassen werden und bei ihrer Rückkehr ins zivile Leben unterstützt werden.
  • Bestrafung der Verantwortlichen: Personen, Staaten und bewaffnete Gruppen, die Kinder rekrutieren und als Soldaten einsetzen, müssen öffentlich benannt und sanktioniert werden. Personen müssen vor dem Internationalen Strafgerichtshof oder nationalen Gerichten angeklagt werden. Staaten und bewaffnete Gruppen müssen durch den UN-Sicherheitsrat öffentlich verurteilt und sanktioniert werden, zum Beispiel durch wirtschaftliche Einschränkungen, Reiseverbote oder Kontensperrungen).
  • Versorgung, Schutz und Hilfe für geflohene Kindersoldaten: Medizinische und psychologische Versorgung, Schutz vor erneuter Rekrutierung, sowie schulische und berufliche Bildung sind für alle ehemaligen Kindersoldaten lebenswichtig – gerade auch wenn sie als Flüchtlinge in Industrieländer wie Deutschland kommen. Deutschland erfüllt diese Anforderung nur sehr unzureichend, geflohene Kindersoldaten und andere Flüchtlingskinder werden systematisch benachteiligt; viele sind ständig von Abschiebung bedroht.
  • Gewährung von politischem Asyl: Ehemaligen Kindersoldaten müssen in allen Ländern, in die sie geflohen sind, Schutz und politisches Asyl gewährt werden – natürlich auch in Deutschland und anderen Industrieländern. Dies ist in Deutschland bisher nur selten der Fall.
  • Mehr Geld für Hilfsprogramme: Die staatlichen und internationalen Mittel für Präventions- und Reintegrationsprogramme für Kindersoldaten müssen deutlich erhöht werden. In vielen Ländern mit Kindersoldaten gibt es keinerlei Mittel für solche Programme.
  • Stopp von Waffenexporten: Waffen (insbesondere Kleinwaffen), Waffenteile oder Munition dürfen nicht mehr in Krisenregionen exportiert werden, in denen Kindersoldaten eingesetzt werden. Hier ist Deutschland besonders in der Pflicht, denn es ist weltweit der drittgrößte Waffenexporteur. Auch die illegalen Umwege, über die (auch deutsche) Waffen in Krisenländer gelangen, müssen aufgedeckt und geschlossen werden. Die Vergabe von Waffenproduktionslizenzen ins außereuropäische Ausland und der Export von Waffen in Drittländer, die die Waffen in Krisengebiete weiterleiten, müssen gestoppt werden.

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